Convener: Stuart Gilder (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Mehrere hundert Male hat sich das Erdmagnetfeld im Lauf der Erdgeschichte umgepolt. Aus der Frequenz dieser Umpolungen schließen Forschende, dass es einen Zusammenhang des Geodynamos mit der Dynamik des Erdmantels gibt - diese Mechanismen sind jedoch noch nicht gut verstanden. Hier setzt das 2023 gestartete DFG Schwerpunktprogramm DeepDyn an, dessen Ziel es ist, mithilfe paläomagnetischer Daten und mathematischer Simulationen die Dynamik im Kern-Mantel-System über geologische Zeiträume hinweg zu rekonstruieren, um die Umpolungen des Erdmagnetfelds zu verstehen. In diesem interdisziplinären Projekt untersuchen PaläomagnetikerInnen, Experten für die Modellierung von Geodynamo und Erdmantel, SeismologInnen, MaterialwissenschaftlerInnen und BiologInnen gemeinsam, wie sich Temperaturänderungen an der Grenze zwischen Erdkern und Mantel während der letzten 100 Millionen Jahre auswirkten. Damit wird erstmals die Expertise aus allen relevanten Bereichen zusammengeführt: von der Biologie, die untersucht, ob fossile Überreste magnetotaktischer Bakterien helfen können, das magnetische Feld zu rekonstruieren, über die numerische Modellierung der Kopplung von Geodynamo- und Erdmantel bis hin zur Seismologie, die für die ModellierInnen Strukturen an der Kern-Mantel-Grenze möglichst genau auflöst.
Plenarvortrag: Montag, 24.02.2025, Andreas Fichtner (Departement Erd- und Planetenwissenschaften, ETH Zürich, Schweiz) ”REVEAL: Data-adaptive global full-waveform inversion“
Prof. Dr. Andreas Fichtner forscht im Feld der Seismologie und der Wellenphysik. Seine Interessen und seine herausragende Expertise umfassen die Entwicklung und Anwendung von Methoden für die vollständige seismische Wellenforminversion, Auflösungsanalyse in der Tomographie, Erdbebenquelleninversion, seismische Interferometrie und inverse Theorie. Er ist Projekt-Initiator von „The Collaborative Seismic Earth Model“ (ERC Grant), das seismische Tomographie mit Big Data-Ansätzen verknüpft und GeowissenschaftlerInnen so die einzigartige Möglichkeit gibt, ihre Ergebnisse zu bündeln und aufeinander aufzubauen. Durch dieses erdumspannende Netzwerk kann künftig unter anderem auch geklärt werden, ob Mantelplumes ihren Ursprung in der tiefen Erde haben. Die hochaufgelöste Tomographie von Prozessen an der Kern-Mantel-Grenze ist für unser Schwerpunktprogramm von zentralem Interesse.
Convener: Rebecca Harrington (Ruhr-Universität Bochum), Claudia Finger (Fraunhofer IEG)
Bei vielen Anwendungen, die auf eine Untergrundnutzung für die grüne Energiewende abzielen, wurde eine Aktivierung von vorhandenen Störungen beobachtet. Neben kleinen (mikroseismischen) Ereignissen, die mit industriellen Aktivitäten korreliert sein können, die den Spannungszustand im Untergrund verändern, gibt es eine wachsende Zahl von Beobachtungen und Modellierungen, die zeigen, dass auch aseismischer Bewegung induziert werden kann. Dennoch sind wir noch weit davon entfernt, die Kombination geologischer Bedingungen und Spannungs- und Betriebsparameter zu identifizieren, für die Seismizität auftritt, oder die Wechselwirkungen und Beobachtungen zwischen seismischen und aseismischen Bewegungen zu verstehen. Aktuelle Ansätze, die eine Vielzahl von georäumlichen Daten, neuartige Analysetechniken und Modellierungsansätze integrieren, bieten eine Perspektive für die Identifizierung der aktiven Prozesse, die zu einer unbeabsichtigten Störungsaktivierung durch eine Untergrundnutzung führen. Die Sitzungen werden sich auf Forschungsarbeiten konzentrieren, die darauf abzielen, hochauflösende Beobachtungen von induzierten seismischen und aseismischen Verschiebungen und deren Wechselwirkungen in Zeit und Raum zu integrieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf kombinierten Daten und integrierten Multiphysik-
Modellierungen aus dem breiten Spektrum von Geo-Energie-Anwendungen liegt, einschließlich der Nutzung geothermischer Energie, der unterirdischen Speicherung, der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS), des Bergbaus, der Aufstauung von Reservoiren für die Wasserkraft und ähnlicher Aktivitäten.
Plenarvortrag: Dienstag, 25.02.2025, Bettina Goertz-Allmann (NORSA, Norwegen) ”Lessons learned from microseismic monitoring of induced seismicity at megaton-scale CCS sites”
Bettina Goertz-Allmann ist Senior Research Scientist für induzierte Seismizität in der Gruppe für angewandte Seismologie bei NORSAR. Sie promovierte 2008 mit einem Schwerpunkt auf der Physik von Erdbebenquellen an der Scripps Institution of Oceanography, UCSD. Danach war sie als Postdoc und Oberassistentin beim Schweizerischen Erdbebendienst an der ETH Zürich tätig, bevor sie 2012 zu NORSAR kam. Sie verfügt über außergewöhnliche Erfahrung in der Analyse mikroseismischer Daten und in der Erforschung von Erdbebenquellen, sowohl natürlicher als auch induzierter Seismizität. Ihre Hauptforschungsinteressen sind die Skalierungsbeziehungen zwischen Erdbeben, die Schätzung von Quellparametern und die Darstellung von Erdbebenbrüchen. Ihr derzeitiger Forschungsschwerpunkt liegt auf der Analyse induzierter Mikroseismizität in geothermischen Umgebungen und in Umgebungen mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung.
Convener: Jonathan Bedford (Ruhr-Universität Bochum), Peter LaFemina (AWI Bremen), Sabrina Metzger (GFZ Potsdam)
Tektonische Geodäsie nutzt vor allem InSAR- und GNSS-Messungen für Untersuchungen von Plattengren-zen. In Deutschland gibt es mehrere Forschungsgruppen, die diese Messungen für tektonische Untersuchung auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen einsetzen. Das Schwerpunktthema ist besonders aktuell, da die Menge an InSAR-Daten (insbesondere von den europäisch finanzierten Copernicus-Sentinel-Satellitenmissionen) in den letzten Jahren explodiert ist. Außerdem profitieren wir jetzt von der besseren Positionierungsgenauigkeit der europäischen Galileo-GNSS-Konstellation, während die Kosten für tektonisch hochwertige GNSS-Empfängertechnologie in den letzten Jahren drastisch gesunken sind, was viele spannende Möglichkeiten zur Verbesserung der Datenqualität und -menge eröffnet. Wir freuen uns auf Beiträge, die die Merkmale der Deformation der Erdoberfläche von lokalen Verwerfungen bis hin zur Plattenebene untersuchen. Wir erwarten auch Beiträge aus dem Kreis von WissenschaftlerInnen, die Methoden zur Datenverarbeitung entwickeln und mit tektonischer Geodäsie verbundenen Themen, wie geophysikalische Flüssigkeitsbelastungszyklen und langfristige isostatische Bewegungen, erforschen.
Plenarvortrag: Mittwoch, 26.02.2025, Enrico Serpelloni (Universität Bologna und Nationales Institut für Geophysik und Vulkanologie, Italien) “Continental scale strain mapping with GNSS: hydrological signals and seismotectonic phenomena”
Prof. Dr. Enrico Serpelloni hat außergewöhnliche Erfahrungen mit der gesamten Bandbreite der tektonischen GNSS-Geodäsie; er hat GNSS-Stationen im dichten RING-Netz Italiens aufgestellt, die Daten mit den neuesten geodätischen Techniken verarbeitet und die Erforschung der geophysikalischen Prozesse zur Erklärung der Beobachtungen geleitet. In den letzten Jahren hat Prof. Serpelloni den Umfang der Datenverarbeitung erweitert und leitet ein Zentrum, das Daten von über 3000 GNSS-Stationen in den Regio-nen Europa-Mittelmeer und Afrika automatisch verarbeitet.
Convener: Katrin Breede (Universität Clausthal-Zellerfeld), Matthias Bücker (Universität Kiel), Matthias Halisch (Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Hannover), Tina Martin (Lund University)
Die induzierte Polarisation (IP) wurde nach ihrer kommerziellen Einführung in den 1950er Jahren vor allem für die mineralische Rohstoffexploration eingesetzt. Die frühen Anwendungen machten die Methode vor allem in der Bergbauindustrie unverzichtbar und ebneten den Weg für zahlreiche weitere geophysikalischen Untersuchungen im Explorationsbereich. In der jüngeren Vergangenheit hat sich die IP von einer rein explorativen Methode hin zu einer vielseitigen Technologie entwickelt, die sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der prozess- und anwendungsbezogenen Forschung eine wichtige Rolle spielt. Diese Transformation wurde durch technologische Fortschritte und durch ein tieferes Verständnis der physikalischen Prozesse ermöglicht, die der IP zugrunde liegen. Insbesondere die Entwicklung von Spektraler IP (SIP) und die Integration von IP-Daten mit anderen geophysikalischen Methoden haben neue Perspektiven eröffnet. So findet IP heute Anwendung bei der Erforschung des geologischen Untergrunds und der Erfassung von Kontaminationen im Umweltbereich bis hin zur Überwachung von Prozessen in der Hydrologie und der Geotechnik, besonders für die Charakterisierung grundwasserführender Schichten und im Bereich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung, so zum Beispiel zur Überwachung von Permafrostböden und zur Erkennung von Kohlenstoffspeicherungspotentialen. Sie schlägt dabei eine Brücke zwischen den physikalischen Eigenschaften des Untergrunds und der Modellierung geophysikalischer Prozesse. Mit der Integration neuer Technologien und Methoden, wie der 3D-Inversion und der Kombination von IP-Daten mit maschinellem Lernen, befindet sich die IP an der Schwelle zu einer neuen Ära.
Plenarvortrag: Donnerstag, 27.02.2025, Jana H. Börner (TU BA Freiberg) “Beyond Boundaries: Advancing Induced Polarization in Challenging Geophysical Contexts”
Dr. Jana H. Börner ist Geo- und Petrophysikerin und wurde 2023 für ihre Arbeiten zu den physikalischen Eigenschaften von mehrphasigen Geosystemen und deren Anwendung in der Praxis mit dem Early Career Scientist Award der International Union of Geodesy and Geophysics ausgezeichnet. Ihr besonderes Interesse gilt den geophysikalischen Manifestationen der physikalisch-chemischen Wechselwirkungen zwischen festen, flüssigen und gasförmigen Gesteinskomponenten sowohl unter Umgebungs- als auch unter Lagerstättenbedingungen. Die entsprechenden Anwendungen umfassen die Überwachung, Erkundung und Darstellung von z.B. geogenem Kohlenstoff, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, geothermischen Systemen und vulkanischem Terrain. Methodisch konzentriert sich ihre Arbeit auf elektrische und elektromagnetische Techniken, Laborexperimente unter Umgebungs- und Lagerstättenbedingungen, petrophysikalische Modellierung, numerische Simulation und inverse Probleme.